Zu den Systemen (1982 – 1989)

Im Wesentlichen grenzen drei Ordnungssysteme einander ab: Von einem Naturbild ausgehende Mutationen der Dreierdifferenzierung, Module im Achsenkreuz auf Zahlen- und Gleichungsgrundlage, serielle Irritationen zwei- oder dreidimensionaler Entsprechung von Zahlenreihen.
1982/83 destilliere ich in Torvaianica, Rom zwei grafische Formenverläufe; einen nach Architektur, den anderen nach einer Flußsituation. Über die Verdreifachung beider Formen mittels einer planimetrischen Gleichung entsteht zuerst in der Fläche, dann im Raum ein komplexes Netz von Projektionen. Mein Interesse bezieht sich auf Ordnungsvielfalt im Bezug zu orthogonal-organischer Polarität (1).
Die Reliefserie A.B.,F. nimmt dieselben Ausgangsmotive und Differenzierungsgesetzte auf. Zwei-Höhen Relief und serielle Gliederung evozieren eine unmittelbare Ablesung des Konzepts, die Dreierdifferenzierung ist zu einem Grenzwert nivelliert, das Gefüge der Reihung sind a,b,c Folgen in Spannung mit Sprüngen, Rhythmuswechsel, Leeren, usw..
Ist die Formel für die Mutationen bis hierher a2 + b2 = c2, beginne ich bei dieser Gleichung den Potenzfaktor zu variieren: Den Quadranten ersetze ich mit 5, 9, 13, 17, oder multipliziere alle Parameter mit 0.5, 0.9, 1.3, 1.7. Mit ay:ax = 2.0:0.5, by:bx = 1.75:0.75 entwickelt sich ein Viererschema xa2 + xb2 = xc2, (xa2yc2) + (xb2ya2) = (xc2yb2), ya2 + yb2 = yc2, (ya2xb2) + (yb2xc2) = (yc2xa2) und ergibt pro Potenz- bzw. Multiplikatorreihe 4x4 Gleichungen, die, als xy-Koordinaten gepaart, in einem Achsenkreuz-Ordnungsmodul rhythmisch-dynamisch alterieren.
Das grafische Bild sind geschlossene Vierecke zum Teil über Kreuz, größtenteils in der Potenzfolge 5, 9, 13, 17. Zwei geschlossene Vierecke in der Fläche ergeben ein offenes im Raum, als Material für Vergegenständlichungsversuche wähle ich Vierkantrohr. Ich fertige 16 und 12 Viererformen zweierlei Maßstabs und erprobe im Spielraum von Ordnungsmustern und technischer Norm ihre Flexibilität und Multiplität.

Dynamik und optische Leichtigkeit des Geschehens binden bzw. kontrastieren bei Rauminstallationen mit Kuben, transparenten Formrohr-Kästen in Eigenfarbe. Sie entsprechen den Rechteck-Blechtafeln der Reliefs. Die Priorität verlagert sich vom spitzen oder stumpfen zum rechten Winkel.

Ich konzipiere Reihen von Flächen/Volumen mit additiven oder progressiven Parameterfolgen, entwickle eine unterschwellige Dualität zwischen den Gesetzen des Raumes und jenen der Plastik. So in der Spannung Sportplatzsymmetrie – Flucht einer projektiven Kubenreihe (2), oder zwischen linearen Stützpfeiler- oder Fensterfolgen und progressiven Kübelserien (3). Die Dualität wiederholt sich im Objekt: Längengleiche Drehstahl-Fühler bzw. der Versteifungsflansch divergieren mit der Veränderung der Kuben(Kübel)kantenmaße, die Reihe der Kuben(Kübel)zwischenabstände ist den Kuben(Kübel)parameterreihen ungleich (2,3). In der Profilsystem-Platten Installation Spet515 nivellieren sich Ansätze der perspektivischen Projektion des Profilrasters und solche der Plattenreihenprojektion durch gegenläufige Fluchten; bei Spidi480 korrespondieren lineare und progressive Folgen von Dimension zu Dimension im 2D-Raster. Die Resultate sind unbestimmte Spannungen, Dissonanzen, konkrete Irritationen.

(1) Georg Held, Abenteuer im Kopf – Staunen im Auge, In: Transparent, 11/12 1988, Wien
(2) Il tram di Geiringer, Villa Geiringer, Triest 1988.
(3) Gewerbehof für Haustechnik – HSK, Wien 1988.

Josef Dabernig, 2x2x6. Projektraum Wien, WUK, Wien, 1990

Josef Dabernig
1990